Arbeiten an bestehenden Leitungsnetzen sind häufig mit aufwendigen Nebenarbeiten verbunden. So müssen Betreiber Netze oder Teile davon entleeren, um defekte Armaturen zu tauschen oder andere Maßnahmen durchzuführen. Wer Zeit und Geld sparen möchte, kann das vom TÜV geprüfte Rohrfrosten anwenden. Dabei frieren Fachfirmen Teile eines Rohrnetzes ein, um am dazwischen liegenden Abschnitt Arbeiten durchzuführen. Wie das funktioniert und welche Voraussetzungen für das Rohrfrosten zu erfüllen sind, erklärt der folgende Ratgeber.
Die Themen im Überblick
Teile von Rohrnetzen einfrieren und Arbeiten durchführen
Beim Rohrfrosten geht es darum, Teilbereiche eines mit Flüssigkeiten gefüllten Netzes zu vereisen. Die Arbeiten finden in der Regel an zwei Stellen statt, um am dazwischen liegenden Bereich Reparaturen oder Ähnliches durchführen zu können. Möglich ist das Verfahren, das vom TÜV zertifiziert wurde, mit flüssigem Stickstoff. Dabei handelt es sich um ein tiefkalt verflüssigtes Gas mit einer Temperatur von – 196 Grad Celsius. Das LIN abgekürzte Medium lagert dazu in speziellen Tanks oder Dewargefäßen. Diese sind über flexible Schläuche mit Schellen an den zu vereisenden Rohren verbunden, um dem flüssigen Medium Energie zu entziehen.
Bis zu DN 1000 ist das Rohrfrosten in der Praxis möglich
Sofern frierende Bestandteile im Medium vorhanden sind, lässt sich das Rohrfrosten in der Praxis an Leitungen bis zu einer Nennweite von DN 1000 durchführen. Während die Anlagen dabei unter Druck stehen dürfen, sollten die Medien nicht mehr strömen. Andernfalls wäre ein lokales Frieren von Rohrleitungen nicht mehr praxisgerecht umsetzbar.
Einfrieren von Rohrleitungen bringt zahlreiche Vorteile
Ohne das Rohrfrosten müssten Monteure mit Flüssigkeiten gefüllte Anlagen zunächst ablassen, um Arbeiten daran durchführen zu können. Das geht nicht nur mit einem hohen Zeitaufwand einher, es ist auch kostenintensiv. Denn die Anlagen sind dazu herunterzufahren. Aggressive Medien sind in Tankcontainern zwischenzuspeichern und nach Abschluss der Arbeiten mit stationären oder mobilen Pumpen zurück zu fördern. Anschließend sind die Anlagen wieder hochzufahren, was ebenfalls Zeit in Anspruch nimmt. Das Rohrfrosten macht viele Umfeldmaßnahmen überflüssig und bietet damit folgende Vorteile:
- keine Entleerung der betroffenen Leitungen erforderlich
- kein Zubehör wie Tanks, Pumpen etc. für Medien nötig
- sämtliche Montagearbeiten lassen sich schnell erledigen
- Ausfallzeiten technischer Anlagen sinken auf ein Minimum
Insgesamt lässt sich das Rohrfrosten damit als kosteneffiziente und schnelle Lösung für Arbeiten an Flüssigkeiten führenden Leitungen beschreiben.
Rohrfrosten eignet sich für viele praktische Anwendungen
Die praktischen Einsatzbereiche des Verfahrens sind vielfältig. So kommt das Einfrieren von Rohrleitungen zum Beispiel an Heizungs-, Trinkwasser- oder Kaltwassernetzen zur Anwendung. Es eignet sich aber auch für Abwassersysteme, Klärwerke, Biogasanlagen und zahlreiche weitere Industrieanlagen, sofern es um das Rohrfrosten von Leitungen für Flüssigkeiten geht. Die folgende Übersicht zeigt einige praktische Anwendungsfälle im Überblick:
- Anlagen erweitern oder Abschnitte stilllegen
- Schieber, Ventile und andere Armaturen einbauen
- defekte oder ungeeignete Armaturen tauschen
- Dichtungen an Verbindungen austauschen
- Schweißarbeiten an Rohrleitungen durchführen
- Rohre abdichten oder tauschen und Leckagen beheben
Zusammenfassend lässt sich sagen: Das Rohrfrosten kommt bei Arbeiten an Flüssigkeiten führenden Leitungen zum Einsatz, wenn diese dazu nicht entleert werden sollen.
Funktion und Ablauf des Verfahrens Schritt für Schritt erklärt
Möchten Sie Armaturen austauschen, Leitungsnetze erweitern oder Leckagen abdichten lassen? In all diesen Fällen ist das Rohrfrosten eine günstige Alternative zum herkömmlichen Vorgehen. Bevor Fachhandwerker das Verfahren einsetzen, prüfen sie dabei die örtlichen Gegebenheiten. Sie stellen sicher, dass die Anlage zum Rohrfrosten geeignet ist, ermitteln den Stickstoffbedarf und bereiten den Einsatzbereich vor. Dazu gehört es, sicherheitsrelevante Messgeräte (Sauerstoffmessgerät etc.) aufzustellen und ausreichend Platz für den oder die Stickstoff-Tanks (LIN-Tanks) zu schaffen. Ist das erledigt, führen Fachhandwerker die Arbeiten in 5 Schritten durch.
Schritt 1: Rohrmanschetten Anlagen und mit Stickstofftank verbinden
Im ersten Schritt installieren Experten Manschetten zum Rohrfrosten an der Leitung. Diese umschließen einen kurzen Rohrabschnitt und führen später den tiefkalt verflüssigten Stickstoff daran vorbei. Sind die Rohrmanschetten an den entsprechenden Stellen montiert und befestigt, schließen Fachhandwerker flexible Schläuche an. Diese schaffen eine Verbindung zum Stickstofftank.
Schritt 2: Langsames Herunterkühlen der Rohrleitungen mit Stickstoff
Sind die Manschetten installiert und angeschlossen, bringen Fachhandwerker Stickstoff ein. Dieser nimmt thermische Energie auf und kühlt das Medium im Rohrnetz ab. Der Stickstoff selbst verdampft und entweicht. Um Spannungsrisse an den Leitungen zu vermeiden, gehen Experten dabei sehr behutsam vor.
Wichtig: Durch das behutsame Einfrieren der flüssigen Medien bilden sich auch in ruhenden Systemen Strömungen. Diese hängen von Temperatur- sowie Dichteunterschieden ab und können dazu führen, dass die Medientemperatur im gesamten System sinkt.
Schritt 3: Rohrfrosten und Ausbildung eines stabilen Eispfropfens
Durch die weitere Zufuhr von flüssigem Stickstoff kühlt sich die Flüssigkeit immer weiter ab. Sie beginnt zu gefrieren und bildet von außen nach innen einen Eispfropfen aus. Über Messungen der Temperatur lässt sich feststellen, wann der Vorgang abgeschlossen und das Rohr mit Eis abgedichtet ist. Fachleute sehen das übrigens auch am Stickstoff, der bei fertig ausgebildeten Eispfropfen nicht mehr direkt verdampft.
Schritt 4: Eispfropfen halten und Montagearbeiten durchführen
Ist die Vereisung abgeschlossen, regulieren Experten die Stickstoffzufuhr so, dass der Eispfropfen weder wächst noch schrumpft. In diesem Zustand können Fachhandwerker Montagearbeiten durchführen. Wie lange sie dafür benötigen, spielt keine Rolle. Solange flüssiger Stickstoff zum Rohrfrosten vorhanden ist, lässt sich die Dichtung aus Eis aufrechterhalten.
Schritt 5: Auftauen der Eispfropfen und Abschluss der Arbeiten
Nach Abschluss aller Montagearbeiten reduzieren Experte die Stickstoffzufuhr. Die vereisten Rohrleitungen nehmen wieder Wärme aus der Umgebung auf und der Eispfropfen schmilzt allmählich. Ist dieser Vorgang abgeschlossen, nehmen Fachleute die Manschetten ab. Sie entfernen die Schläuche zum Stickstofftank und bauen auch die Messtechnik zurück.
Diese Voraussetzungen zum Rohrfrosten sind zu erfüllen
Wichtig zu wissen ist, dass das Verfahren zum Einfrieren von Rohrleitungen nicht für jede Situation infrage kommt. Voraussetzung ist zum Beispiel, dass das Medium in den Leitungen ausreichend einfrierbare Bestandteile enthält. Es darf nicht strömen und sollte eine Temperatur von maximal 50 Grad Celsius aufweisen. Für die praktische Durchführung des Verfahrens ist es darüber hinaus wichtig, dass etwa die dreifache Länge der Nennweite des Rohres zur Verfügung steht und der Stickstofftank in der Nähe platzierbar ist.
Fachbetriebe prüfen jedes Vorhaben dahingehen und bewerten, ob das Einfrieren der Rohre gelingen kann. Kommt das Rohrfrosten infrage, berechnen sie die benötigte Stickstoffmenge. Sie dimensionieren den mobilen Stickstofftank und bemessen, wie viele Schläuche zwischen diesem und den Manschetten zum Einfrieren nötigt sind.
FAQ: Häufig gestellte Fragen zum Frieren von Rohrleitungen
Was ist das Rohrfrosten und wie funktioniert das Verfahren?
Das Rohrfrosten ist ein Verfahren, bei dem Experten flüssige Medien in einem Rohrnetz lokal einfrieren. Das ermöglicht es, im darauffolgenden oder dazwischenliegenden Bereich Arbeiten durchzuführen, ohne die Anlage komplett oder teilweise entleeren zu müssen. Möglich ist das mit flüssigem Stickstoff (LIN), der dazu in Manschetten an den Rohrleitungen vorbeiströmt. Er nimmt thermische Energie der flüssigen Medien auf, friert diese ein und verdampft selbst.
Welche Vorteile hat das Frieren und wann kommt es zum Einsatz?
Der größte Vorteil besteht darin, dass durch das Rohrfrosten Arbeiten an Rohrleitungen möglich sind, ohne das Netz komplett oder teilweise entleeren zu müssen. Monteure benötigen kein besonderes Zubehör (Tankcontainer, Mietpumpen etc.) und sparen Zeit sowie Kosten ein. Anlagenbetreiber können ihre Anlagen meist weiter betreiben. Sie kommen ohne Ausfallzeiten aus oder reduzieren diese auf ein Minimum.
Welche Voraussetzungen sind für das Verfahren zu erfüllen?
Voraussetzung ist ein Medium mit ausreichend einfrierbaren Anteilen. Dieses darf nicht strömen und sollte eine Temperatur von maximal 50 Grad Celsius aufweisen. Wichtig sind außerdem geeignete Stellen zum Anbringen der Manschetten und zum Aufstellen der Flüssiggastanks. Letztere sollten in der Nähe der Einfrierarbeiten stehen.
Ist das Frosten von Rohrleitungen sicher für die Anlage?
Das sogenannte Cryostop-Verfahren wurde vom TÜV geprüft und zugelassen. Es gilt als sicher, sollte allerdings nur von eingewiesenen und erfahrenen Personen durchgeführt werden. Andernfalls kann es zu Schäden an der Anlage kommen.
Kann ich als Handwerker oder Betreiber das Rohrfrosten allein durchführen?
Sind öfter Einfrierarbeiten nötig, können Sie diese auch allein durchführen. Wichtig ist jedoch eine entsprechende Einweisung/Schulung, um Schäden zu verhindern. Zu diesen könnte es kommen, wenn das Einfrieren zu schnell abläuft. Denn dann sind Spannungsrisse in den Leitungen möglich. Zudem ist die Umgebung kontinuierlich zu überwachen, um Situationen mit zu geringen Sauerstoffkonzentrationen in der Atemluft zu verhindern.
Woher kommt der flüssige Stickstoff und wo lagert er?
Flüssigen Stickstoff liefern Anbieter für technische Gase in Dewargefäßen und mobilen Lagertanks. Dabei handelt es sich um isolierte Behälter, die das Eindringen von Wärme bestmöglich verhindern. Der Stickstoff verdampft dadurch langsamer und lässt sich zum Rohrfrosten verwenden.